Der Erdachsenbrunnen auf dem Marktplatz Bernstadt auf dem Eigen
In der Mitte eines granitenen Beckens trägt ein Sockel die Erdkugel in Kupferlegierung mit reliefartiger Darstellung der Erdteile. Vier Fischmäuler speien Wasser in die vier Himmelsrichtungen, und von einem Kupferreif lächeln vier Putten den Betrachter verschmitzt an, als wollten sie sagen: „Es ist ja alles nur ein Scherz“. Liest man dazu noch den Spruch am Bassin „Viele Orte stritten sich in Sachsen, wo wirklich sei der Erde Achsen – jetzt ist sie uns hierher befohlen, nun soll sie auch kein Teufel holen“, so ist uns gewiß, dass hier Schabernack getrieben wird.
Tatsächlich muss man den Erdachsenbrunnen in die Kategorie Scherzbrunnen einordnen, denn er verdankt seine Entstehung einer humoristischen Begebenheit, und das kam so: An der Stelle der oben erwähnten Röhrbütte wurde 1874 eine gußeiserne Brunnensäule errichtet, die der Trinkwasserversorgung und gleichzeitig mit zwei wertvollen schmiedeeisernen Laternen der Marktbeleuchtung diente. Die Säule wurde noch lange von den Leuten „Röhrbütte“ genannt und war ein beliebter Treffpunkt, zu schwatzen und Neuigkeiten zu erfahren.
Erdachsenbrunnen auf dem
Marktplatz in Bernstadt a. d. Eigen
Nun war es damals in den 80er Jahren üblich, dass die Studenten des Löbauer Königlich-Sächsischen Lehrerseminars ein- oder zweimal im Jahr in Bernstadt, wie vermutlich auch in anderen Orten, Konzerte gaben, die in der damaligen medienarmen Zeit willkommene Höhepunkte des Alltagslebens waren. Sie übernachteten in Bürgerquartieren, und anscheinend wurde schon damals dem Bernstädter Bier kräftig zugesprochen, denn am anderen Morgen ging es zum Katerbummel, der immer mit einem Tanz um die Brunnensäule endete. Bei einem dieser Umzüge gaben die Seminaristen dieser den Namen „Erdachse“. Schnell machte diese Namensgebung die Runde im Städtel und seiner Umgebung.
Später wurde der Bernstädter Markt zur „Schmierstelle der Erdachse“ erklärt, wie es übrigens auch das west-sächsische Pausa für sich in Anspruch nimmt, wo sich die „Schmierstelle“ im Ratskeller und der Globus auf dem Rathausdach befindet. Seit einigen Jahren ist das symbolische Schmieren der Erdachse humorvoll inszeniert von der Freiwilligen Feuerwehr – Bestandteil der Bernstädter Sommerfeste. Im Jahr 2009 erfolgte im Rahmen der 775-Jahrfeier die Schmierung mit extra neu geschriebenen Theaterstück vor mehr als 1000 Besuchern.
Inschrift am Erdachsenbrunnen in Bernstadt auf dem Eigen
Die alte Brunnensäule jedoch hatte seit der Jahrhundertwende durch die Einführung der elektrischen Beleuchtung und die Verbesserung der Wasserversorgung ihre Funktion verloren und wurde auch zunehmend hinderlich für den Durchgangsverkehr über den Markt. 1938 wurde sie im Zuge einer neuen Marktgestaltung, bei der auch die Marktlinde gesetzt wurde, abgebaut. Dafür entstand ein Jahr später der von Prof. Born, Dresden, entworfene heutige Marktbrunnen, der den Spaß um den gußeisernen Kandelaber lebendig halten soll. Die Vorbereitung der 750-Jahr-Feier der Stadt 1984 brachte dem Markt die letzte umfassende Verschönerungskur seit 1938.
Wappengeschichte der Stadt Bernstadt auf dem Eigen
Die Wappengeschichte des Oberlausitzer Ortes Bernstadt ist inhaltlich ein wenig kurios. Bernstadt trägt zwar auf blauem Feld eine feste Mauer und einenTurm, die den Stadtstatus besonders unterstreichen – aber Bernstadt besaß nie eine geschlossene Mauer, nur drei Tore „schützten“ die Stadt. Und sie fielen außerdem dem großen Stadtbrand von 1828 zum Opfer. Im Jahre 1900 wurde das heute gültige Wappen bestätigt, das sich aber sehr eng an eine seit 1538 bestehende Form anlehnt. Zwischendurch gab es auch einmal ein Wappen mit waagerecht verlaufender zinnenloser Mauer. Ein Verleihungszeitpunkt ist nicht bekannt. Mit Sicherheit aber ist anzunehmen, dass das Wappen vom damaligen Besitzer Bernstadts, dem Kloster Marienstern bei Kamenz, verliehen wurde.